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  • AutorenbildAndreas Matuschek

Exzellenz & Entwicklung - Volume I

Aktualisiert: 1. Sept. 2021

++ Offenheit ++ Selbstreflexion ++ Willenskraft ++


In einer kleinen neuen Serie mit voraussichtlich drei Teilen möchte ich essentielle Konzepte für die persönliche Weiterentwicklung vorstellen. Im hiesigen Teil I soll es um Offenheit, Selbstreflexion und Willenskraft gehen. Ich möchte Sie einladen, die scheinbar bekannten Konzepte noch einmal neu zu betrachten und zu hinterfragen. Ansonsten droht Henry Ford mit seinem Ausspruch...


"Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist."


...recht zu behalten. Weiterentwicklung ist kein Selbstläufer und wir können auch getrost älter und (biologisch) reifer werden, ohne an Reife im Sinne integrierter Erfahrungen und Weisheit zu gewinnen. Um dies zu vermeiden, lade ich Sie für neue Impulse durch Beschäftigung mit den folgenden Konzepten ein.


Abb 1.: "Der gesunde Menschenverstand ist nur eine Anhäufung von Vorurteilen, die man bis zum 18. Lebensjahr erworben hat." (Albert Einstein). Mit der aufrichtigen Anwendung der Konzepte Offenheit, Selbstreflexion und Willenskraft kann jede(r) das "erworbene" Weltbild hinterfragen und herausfordern. Damit Sie sich am Ende mit Ihrer "eigenen" Identität identifizieren können und wollen.

I. Offenheit

Die meisten Menschen würden sich wohl erst einmal als offen bezeichnen, ist es doch schicklich "open minded" zu sein. Zumal die Aussage "Ich bin offen für Neues" doch gleich viel einladender klingt als "Ich bin verschlossen vor Neuem." Es ist aber aus psychologischer Sicht gar nicht trivial, offen gegenüber neuen Einstellungen, Eindrücken, Gedanken und Ideen zu sein. Denn je weniger Informationen mit unseren Einstellungen und bekannten Sichtweisen übereinstimmen, desto schwerer fällt es Menschen, diese Informationen zu verarbeiten. Neue Lebensstile und konträre Meinungen zu unserem Weltbild nehmen wir gar oft als bedrohlich wahr. Die psychologische Forschung hat hierfür unterschiedliche Erklärungen. Die Theorie der kognitiven Dissonanz von Leon Festinger zum Beispiel ist zwar schon einige Jahre alt, dennoch ist sie zeitlos schlüssig und vielfach repliziert. Kurzum besagt diese, dass der Mensch versucht, unangenehme Zustände (Dissonanzen) zu vermeiden, welche entstehen, wenn zwei Kognitionen (z. B. Einstellungen, Meinungen, Überzeugungen) sich widersprechen. Offenheit erfordert nun eben genau diesen anstrengenden Akt, neue Informationen, widersprüchliche Sichtweisen oder andere Meinungen zuzulassen und zu integrieren. Dies fordert das etablierte Glaubens- und Gedankengerüst (vorhandene Überzeugungen, Glaubenssätze usw.) heraus. Leichter für die innere Harmonie wäre es, die unbekannte, widersprüchliche Information einfach auszublenden oder die Quelle der Nachricht abzuwerten ("ach, der oder die ist ohnehin inkompetent und hat keine Ahnung"). Diese Strategie verfolgen daher auch viele Menschen. Man könnte noch weitere Modelle und Theorien bemühen, wieso die Integration neuer Information Energie, Mühe und Zeit kostet. Lesenswert zur weiteren Begründung dieser Mechanismen ist überdies, dass über den Kreis der akademischen Psychologie weithin bekannte Werk "Schnelles Denken, langsames Denken" vom Psychologen und Nobelpreisträger Daniel Kahnemann.


Jeder und jede ist daher gut beraten, wenn er oder sie einmal darüber nachdenkt, was im Detail getan wird, um Offenheit im Denken und Erleben zu würdigen. Ansonsten ist es nur eine vollmundig verkündete, präpotente Bekundung im Lebenslauf, ein respektables, aber unausgegorenes Unternehmensziel oder ein zum Scheitern verurteilter Motivationsversuch eines eingefahrenen Teams im Unternehmen. Echte Offenheit kommt ohne leere Worthülsen, ohne halbherzige Aufbruchsbeteuerungen aus. Damit sich Ihre Ambitionen offen sein zu wollen nicht als substanzlos entpuppen, sind Sie sich der Anstrengung der Integration neuer Sichtweisen und Welten gewahr.


Abb. 2: Offenheit bedarf auch die Fähigkeit zum aktiven Zuhören: "Solange man selbst redet, erfährt man nichts." (Marie von Ebner-Eschenbach)

Aber sind nun einfach manche Menschen schicksalshaft entweder aufrichtig offen und andere nicht? Nein. Die gute Nachricht ist, wirkliche Offenheit lässt sich lernen. Am Anfang steht die Entscheidung, die eigene, überschaubare Welt öffnen zu wollen und sich bewusst mit Inhalten und Konzepten zu beschäftigen, die man (noch) nicht kennt. Social Media samt Filterblasen und die Rezeption der immer gleichen Medien zur Informationsgewinnung sind hier ernstzunehmende Hindernisse, die es zu überwinden gilt. Offenheit und Flexibilität im Denken gibt es nicht mal ebenso gratis im Vorbeigehen, sondern eine bewusste Exposition mit unbekannten Themen (z. B. bewusst Filme oder Bücher aus einem anderen Genre schauen bzw. lesen), Menschen (z. B. die gezwungene Auseinandersetzung mit Kollegen und Kolleginnen in heterogenen Teams) sowie Orten (z. B. Reisen in andere Länder und Kulturen, wenn es nicht nur ausschließlich ein All-Inclusive Urlaub im abgeschirmten Hotelkomplex ist) sind ein guter Anfang. Ohne Entbehrungen keine Offenheit. Dies fasst treffend Andreas König zusammen:


"Offenheit: Wenn Offenheit bedeutet auch Schmerzen zu erfahren, dann bin ich bereit ein Leben zu leiden."


II. Selbstreflexion

Um aber überhaupt die Ausbaufähigkeit der eigenen Offenheit zu bemerken, braucht es die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Die meisten Menschen orientieren sich unentwegt an der Meinung anderer Zeitgenossen, ohne selbst aktiv nachzudenken. Denken ist auch nicht gleich Denken. Selbstreflexion als Mittel zum Erreichen von Exzellenz und Entwicklung meint weder das Wiederkäuen der immer gleichen Gedanken, noch das destruktive Grübeln über eigene Unzulänglichkeiten und Fehler. Es geht darum, sich sowohl kritisch als auch wertschätzend mit sich selbst zu beschäftigen und sich etwa Fragen zu stellen wie: Wer will ich in diesem Leben sein? Welche Werte sind mir wichtig und wie lebe ich im Einklang mit ihnen? Wie schaffe ich es, unliebsame Gewohnheiten und Muster zu durchbrechen bzw. zu verändern? Welche Ziele möchte ich verfolgen und was ist mir nicht (mehr) wichtig? Ein Versuch, Antworten darauf zu finden, kann auch spielerisch vonstattengehen. Man könnte sich etwa die Frage stellen, was später einmal in der eigenen Grabesrede vorkommen sollte. Wie wäre man gerne gewesen und wie würde man gerne von anderen Menschen (Familie, Freunde, Kollegenkreis) wahrgenommen werden? Dies bietet Rückschlüsse auf eigene wichtige Werte und Lebensziele. Genauso könnte man im Sinne einer Fantasiereise eine ältere Version von seinem Selbst aus der 5 oder 10 Jahren entfernten Zukunft in die Gegenwart reisen und dem jetzigen Ich von den Entwicklungen berichten lassen. Das Gesagte könnte man sodann auf Stimmigkeit überprüfen und ebenso aktuelle Ziele nachjustieren.


Abb. 3: "Man hat nur Angst, wenn man mit sich selber nicht einig ist." (Hermann Hesse)

Dies sind nur einige wenige Möglichkeiten von vielen, um sich selbst besser kennenzulernen. Generell hilft es vielen Menschen, ihr aktuelles Leben mit etwas Abstand wie ein Vogel von oben zu betrachten (auch bekannt als Vogelperspektive), um zu beobachten, wie man sich im Alltag schlägt. Diese Distanz ist manchmal von Nöten, weil die meisten Menschen im Alltag stark ihren Gewohnheiten und Mustern unterworfen sind, ja fast wie zäher Schleim an ihnen kleben und zudem der Zeit hinterherrennen, um die Tages- und Wochenaufgaben zu erfüllen. Eine kleine selbst verordnete Pause, bei der man ein Fantasiereise macht oder bei einer Wanderung alleine die Natur erkundet, kann bei der inneren Sortierung und Orientierung hilfreich sein. Selbstreflexion muss dabei aber freilich nicht nur aus sich selbst heraus erfolgen. Anregend kann es oftmals auch sein, Freunde, Familienmitglieder oder Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen, um ein Feedback zu bestimmten Themen zu bitten. Etwa könnte man fragen, was andere an einem wertschätzen oder auch, was sie sich lieber nicht von einem abschauen möchten. Die Impulse von außen können dann abermals zur alleinigen Reflexion einbezogen werden.


Führungskräfte im Einzelnen und Unternehmen als Ganzes sollten die wertvolle Zeit zum reflektieren eigener Werte, Ziele, Glaubenssätze usw. nutzen und sie nicht fälschlich als verlorene Arbeitszeit betrachten. Denn im Verlauf der eigenen Reflexion, welche nicht selten herausfordernd, bisweilen schmerzhaft ist, warten für Individuen (etwa als Privatperson in der Familie sowie in der Rolle als Fach- oder Führungskraft im beruflichen Kontext) oder als ganzes System (etwa eine Organisation, ein Unternehmen oder eine Familie) ungeahnte Entwicklungspotentiale.


Es ist mir noch wichtig zu erwähnen, dass, wie eingangs schon angedeutet, eine Selbstreflexion 24/7 nicht empfehlenswert ist, denn die Metaebene bzw. -perspektive kostet Energie und Kraft und verhindert selbstvergessenes verschmelzen mit dem Moment. Daher ist es ratsam, sich bestimmte Zeiten zum Nachdenken fest einzuplanen und sich dann auch wieder aktiv dem erlebten Leben zu widmen. Etwa empfinde ich es als sehr bereichernd, mir zwischen Coaching, Supervisionen oder anderen beruflichen Terminen kurze bewusste Pausen einzuplanen, um das Erlebte zu reflektieren und zu ordnen. So ist es elementar, zwischen Muße auf der einen und Erkenntnisgewinn durch Selbstreflexion auf der anderen Seite, stimmig hin und her zu pendeln. Johann Wolfgang von Goethe bemerkt daher auf das Lesen bezogen ganz treffend (welches, wie bereits erwähnt, vortrefflich die Offenheit schulen kann):


"Es ist ein großer Unterschied, ob ich lese zum Genuss und Belebung oder zur Erkenntnis und Belehrung."


Genuss und Muße in den Einklang mit der Herausforderung der stetigen Weiterentwicklung zu bringen, ist daher ein wünschenswertes Unterfangen.


III. Willenskraft

In meiner Arbeit mit Unternehmen thematisiere ich gleich zu Beginn, schon während der Auftragsklärung, die Veränderungsbereitschaft. Ohne die ehrliche, aufrichtige Bekundung, bereit und offen für Veränderungen zu sein, bleibt jede Erkenntnis, jedes anvisierte Ziel lediglich ein Strohfeuer. Und Stroh ist bekanntlich leicht entzündlich, lodert hell und ungestüm auf, erstickt aber gleich wieder, weil dem Feuer der kontinuierliche Brennstoff fehlt. Daher braucht es für ein langanhaltendes, wärmendes und die Dunkelheilt erhellendes Feuer den Brennstoff mit dem Namen Willenskraft. Erfolg ist mehr als Talent und Entwicklung passiert nicht von alleine, wenn man nur passiv beobachtet und auf bessere Zeiten hofft. Die Willenskraft, als psychologisches Konzept auch unter den Namen Volition oder Grit (englischer Begriff für Biss) erforscht, ist wesentlich zur Erreichung von Zielen und Überwindung von Hindernissen. Denn wer beim ersten Gegenwind die Segel streicht und aufgibt, wird nicht wirklich weit kommen.


Einige aktuelle Forschungsergebnisse weisen auch auf einen "growth mindset" (also Offenheit für neue Erfahrungen und Veränderungen) als Grundlage für die Stärkung der Willenskraft hin. Diese Ergebnisse enthalten zweierlei Konsequenz: Erstens, dass Willenskraft im Gegensatz zu relativ stabilen Konstrukten, wie etwa Intelligenz oder Persönlichkeitseigenschaften, mit der richtigen Herangehensweise veränderbar ist und zweitens zeigt sich hier die Verflechtung der vorgestellten Konzepte. Offenheit, Selbstreflexion, Willenskraft und die in den nächsten Teilen folgende Konzepte existieren nicht als Singularitäten im luftleeren Raum, sondern bedingen und befruchten sich gegenseitig.


Willenskraft setzt sich zusammen aus beständigem Interesse und Beharrlichkeit. Letzteres bedeutet, beflissen und hart zu arbeiten und durch Hindernisse nicht vom eingeschlagenen Weg abzuweichen. Beständiges Interesse bedeutet, weitentfernte Ziele im Fokus zu behalten, ohne sich durch kurzfristige Belohnungen oder Anreize ablenken zu lassen. All dies ist wichtig, um Gewohnheiten zu überwinden. Die Überwindung von Gewohnheiten (habits), also eingefahrene Routinen und Muster, ist nämlich die Voraussetzung für Veränderung. Der erfolgreiche Einsatz von Willenskraft beruht darauf, dass man sich diese Stück für Stück mehr und mehr zu eigen macht und dies durch die langfristige Veränderung von Gewohnheiten. Nur wer mit viel Biss und Durchhaltevermögen für seine Ziele einsteht und sich nicht von Absagen, der Meinung anderer, negativen Schwingungen usw. von Ideen, Zielen, Missionen und Visionen abringen lässt, wird die Ernte einholen können für die beharrlich und unbeirrt ausgebrachte Saat. Lange, kalte Winter und zu trockene, heiße Sommer auf dem Weg bis zur Ernte eingeschlossen. John Grinder, der Mitbegründer des neurolinguistischen Programmierens (kurz NLP), einem Ansatz, dem selbst teilweise eine manipulative Komponente unterstellt wird, sagt im Hinblick auf Manipulation: "Die größte Manipulation an uns selbst sind unsere Gewohnheiten." Ungeliebte, destruktive oder überholte Gewohnheiten durch neue zu ersetzten ist sodann eine der Kernaufgaben der Entwicklung. Bei diesem Unterfangen ist die Willenskraft eine vortreffliche Begleiterin.


Abb. 4: Im lesenswerten Werk "Die Macht der Gewohnheit" sagt Charles Duhigg treffend: “Change might not be fast and it isn't always easy. But with time and effort, almost any habit can be reshaped.”

IV. Fazit

Wenn Sie nun wirklich, wirklich offen sind für neue Welten, sich aufrichtig in bestimmten Abständen und abgegrenzten Zeitfenstern selbst reflektieren und für die Überwindung von unliebsamen Gewohnheiten und Veränderungen im Allgemeinen neben der Motivation noch die Willenskraft mit im Gepäck haben, dann sind Sie unglaublich gut ausgerüstet. Dann gehen Sie schon ein ordentliches Stück auf Ihrem Weg zur persönlichen Weiterentwicklung und Exzellenz. Im nächsten Teil folgen die Konzepte Selbstfürsorge, Empathie und Gelassenheit. Mit diesen Konzepten können Sie dann Ihre Wanderung getrost fortsetzen. Bei Rückfragen oder Anregungen können Sie sich gerne an mich wenden. Unten aufgeführte Literaturempfehlungen beschäftigen sich weitergehend und vertiefend mit der Thematik. Damit Ihr persönliches Feuer am Lodern bleibt.


"Wer ans andere Ufer möchte, muss so oder so den Fluss überqueren." (Indianische Weisheit)


Ihr Andreas Matuschek




Literaturempfehlungen:


  1. Joseph O´ Connor: Neurolinguistisches Programmieren: Gelungene Kommunikation und persönliche Entfaltung. VAK-Verlag, Kirchzarten bei Freiburg

  2. Stephen R. Covey: Die 7 Wege zur Effektivität. GABAL Verlag, Offenbach am Main

  3. Angela Duckworth: Grit. Simon + Schuster Inc., New York

  4. Charles Duhigg: Die Macht der Gewohnheit. Piper Verlag, München

  5. Leon Festinger: Theorie der kognitiven Dissonanz. Hogrefe Verlag, Göttingen

  6. Daniel Kahneman: Schnelles Denken, Langsames Denken. Siedler Verlag, München

  7. Doris Märtin: Exzellenz. Campus Verlag, Frankfurt am Main





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